Wir, die wir Menschen sind, sind nach allem was wir wissen, eine privilegierte Spezies auf diesem Planeten, vielleicht nicht im Universum, aber doch auf unserer Mutter Erde. Seit Darwin gehört es ebenso zum fundamentalen Wissen unserer Spezies, dass Veränderung immer auch Dehnung, Flexibilität im Wortsinn, und Einsatz von Energie bedeutet. Seit Jahrmillionen ist eine Urangst in unserem Gehirn, im „Limbischen System“, gegen Spinnen und Vielfüßler verankert. Eine Urangst, die eine mehr oder minder große Angst in jedem Einzelnen von uns auslöst, sobald wir eine Spinne sehen oder nur erahnen. Ebenso sind wir, indem wir uns bewusst mit diesem Problem auseinandersetzen, auch in der glücklichen Lage, dieses Problem intellektuell zu lösen.
Eben das ist ein gutes Beispiel für die Fähigkeiten des Menschen. Wir Menschen sind in der Lage vorausschauend zu denken und nach den so gewonnenen Erkenntnissen zu handeln. Im Zusammenhang mit unserem privilegiert sein, bedeutet das, dass wir in dem gezeigten Foto eine Spinne erkennen, welche offenkundig damit beschäftigt ist, ihr Netz zu spinnen. Wir Privilegierten sind also in der Lage, in diesem Angstmachenden und bei dem ein oder anderen Panik auslösenden Individuum und Bewohner unseres, vermeintlichen Hoheitsgebietes, Erde, etwas durchaus Schönes, etwas in seiner Schönheit Faszinierendes zu erkennen, obgleich unsere Urinstinkte zur Vorsicht mahnen. So fällt es mir persönlich relativ leicht, wenngleich Spinnen mich zwar nicht in Panik versetzen, so doch für ein gewisses Unbehagen sorgen, in der gezeigten Spinne einen Diamanten zu erkennen, der in einer überaus filigranen Fassung am Hals eines Trägers, ja sogar erotische Ausstrahlung haben könnte.
Was will ich damit ausdrücken? Wenn es uns möglich ist, mit unserem Verstand und unseren geistigen Fähigkeiten unsere Urinstinkte derart zu kontrollieren und in unserem Leben nutzbar zu machen, muss es uns doch angesichts der moralischen und ethischen Werte, auf deren Fundament unsere befreite Art zu leben basiert, ein Bedürfnis sein, jenen Menschen zu helfen, die aufgrund von Unterdrückung, Krieg und Hunger in ständiger Existenz- und allzu oft in Todesangst leben. Wenn wir bewusst darüber nachdenken, dass wir in der privilegierten Position auf diesem Planeten sind, weil unsere Vorfahren aus solchen Regionen kamen, deren Nachfahren wir heute den Zutritt in „unsere Welt“ verwehren, obwohl es im Wortsinn unsere Verwandten sind, müssen wir uns vor unseren Kindern schämen. Schämen sollten wir uns auch vor jenen Menschen, die angesichts der Sorge für ihre Kinder das eigene Leben aufs Spiel setzen um deren Hoffnung, zu leben, aufrecht zu erhalten.
Wer, glauben wir eigentlich sind wir, dass wir den Anspruch erheben, auf das Leben, das wir führen einen Anspruch erheben zu können, wenn es doch schon im gleichen Augenblick unseres Gedankens abrupt beendet sein kann, ohne dass wir den geringsten Einfluss darauf geltend machen können? Wer, glauben wir, sind wir, dass wir den Anspruch erheben, darüber zu entscheiden, ob ein Mensch in Not und Elend und Todesangst leben muss, wenn unser Überfluss gleichzeitig den Lebensraum des Hilfsbedürftigen zerstört. Wer, glauben wir eigentlich sind wir, dass wir den Anspruch erheben, darüber zu entscheiden, dass Menschen im Meer ertrinken müssen, weil wir Ihnen den Zutritt ins Leben, Leben, Leben verwehren und uns von Schuld dadurch freisprechen, dass man den Schleppern das Handwerk legen muss.
Wenn das alles unseren Anspruch auf Privilegien auf diesem Planeten begründet, dann sage ich in tiefster Überzeugung, hat unsere Erde uns nicht verdient, was sich fraglos bereits in unserem Umgang mit ihr selbst manifestiert. Wer, glauben wir also, sind wir?